Mittwoch, 24. Dezember 2014

Weihnachtszeit in Mosambik

Ein ganz normaler Morgen - oder doch nicht?!

Ein ganz normaler Morgen meines Freiwilligendienstes in Mosambik - nicht ganz! Denn der Kalender zeigt doch glatt den 24. Dezember 2014! Kaum zu glauben! Nicht nur, dass dies heißt, das ich nun schon seit genau 144 Tagen ein zweites, so anderes und doch mittlerweile normales Leben in der Ferne führe, sondern mag bei 33°C um 10 Uhr morgens auch nicht wirklich Weihnachtsstimmung aufkommen. Heute soll Heiligabend sein? Ein irgendwie komischer Gedanke, während man sich hier bei viel zu hoher Luftfeuchtigkeit einen ab schwitzt und bangen muss, dass wenigstens Wasser für die nächste Dusche da ist.
Aber dennoch sind es kleine Momente, die einen in den letzten Wochen immer mal wieder an die Adventszeit erinnert haben und für ein kurzes Weihnachtsgefühl sorgten. Da wären zum Einen die schon im letzten Beitrag erwähnten Plastikbäume auf den Mittelstreifen, die teilweise sogar mit Kunstschnee(!) und Weihnachtsmützen geschmückt sind. Seit zwei Tagen ziert solch ein Baum übrigens auch unser Wohnzimmer. Wobei Bäumchen wohl passender ist. Noch dazu nicht das hübscheste - ach was sag ich! Seien wir mal ehrlich: als meine Gastmutter den Tannenschmuck und Lichterketten rausholte, dachte ich schlicht: Hässlich! Dennoch muss ich gestehen, dass ich trotz mangelnder Ästhetik, froh bin, überhaupt was zu haben:) Zumal mir die Aufgabe übertragen wurde, das Schönste aus dem kleinen Ding rauszuholen. Dazu gehörte auch den Karton, der den Baum 'größer' mogeln soll, mit wirklich seeehr schönem Papier einzuwickeln (Ironieschild!). Ich hab mein Bestes gegeben - und hey, besser als gar nichts :D

Einen richtigen Weihnachtsschock habe ich Anfang Dezember erlitten, als ich beim Betreten des Maputo ShoppingCenters von Christbaumschmuck, blinkenden Lichtern und Plastikfiguren erschlagen wurde. Und auch die ein oder anderen Schaufenster wirken mehr als merkwürdig bei diesen Temperaturen. Klar einerseits lediglich ungewohnt für mich Europäerin; hier fällt Weihnachten nun mal in den Sommer. Doch kann man sich bei (erneut) Kunstschnee und Rentierschlitten in den Schaufenstern ein Schmunzeln nicht verkneifen. Denn manch ein Freiwilliger musste den Kindern in seinem Projekt erst einmal erklären, dass es tatzächlich auch Orte gibt, wo Menschen vor Kälte erfireren. Weil dort Kälte eben nicht 18/19 Grad bedeutet.
Vor allem dank meiner Familie (und besonders meiner Oma: Danke für die Plätzchen!!) musste ich dennoch nicht auf die Weihnachtszeit verzichten. Auf Grund eines Pakets aus der Heimat war ich bestens mit Filmmaterial versorgt und sogar ein Adventskalender und vier Kerzen schmückten mein Zimmer. Beides Bräuche, die meine Gastfamilie lediglich von Vorfreiwilligen kannte.
Ein Leitsatz der jedoch für den ganzen Weihnachtsmonat gilt und einem ständig zu begegnen scheint:
"É decembro, estamos em festas!"
Was man leider nicht nur an der ausgelassenen Feierstimmung bemerkt, sondern auch an noch mehr unangenehm aufdringlichen Betrunkenen, als eh schon in Maputos Straßen und Vororten üblich.
Nichts desto trotz zog es mich kurz vor Weihnachten nicht nur zum Präsenteshoppen in die Baixa. Gestern am 23sten Dezember haben wir 8 AJUDE Freiwillige uns zu einem kleinen Weihnachtsessen zusammengefunden. Zur Feier des Tages ein italienisches Restaurant, dass man sich sonst seltener gönnt. Wir haben einen wunderschönen Abend verbracht, der vom Austausch der Wichtelgeschenke und einer Fotosession gekrönt wurde. Inga und Clara kamen nämlich auf die witzige Idee, jedem noch etwas ganz originelles zu überreichen: Weihnachtsmützen! Als würden wir als Gruppe Weißer nicht schon genug auffallen, wurden wir prompt 'gezwungen' die blinkenden Teile während des Essens zu tragen. Aber hey - ganz mosambikanisch: Estamos em festas:D
(Ach und an dieser Stelle noch ein großes Dankeschön an Annis Eltern!)

Nach einer viel zu heißen Nacht in der Stadtwohnung bin ich nun, nach dem gescheiterten Versuch Schwimmen zu gehen (das hat leider auch heute schon geschlossen), auf dem Weg zurück nach Mashava. Wie die eigentlichen Festtage in meiner Gastfamilie verlaufen, berichte ich dann beim Nächsten mal.

Bis dahin wünsche ich euch eine super glückliche, besinnliche und hoffentlich stressfreie Zeit mit all euren Lieben. Heute Abend denen, die gehen viel Spaß in der Kirche und eine schöne Bescherung. Esst, singt und feiert für mich mit und ganz wichtig: Genießt das kühle Wetter :D

Frohe Weihnachten!

Eure euch vermissende Anna!

Donnerstag, 18. Dezember 2014

Transportgut im Chapa

Da ich gerade wieder einmal eingequetscht zwischen schwitzenden Leibern im Chapa sitze, und mich von der brutalen Hitze ablenken muss, die ich jedoch gern in Kauf nehme, immerhin SITZE ich (was bei dieser Stoßzeit um 15:30 einem Sechser im Lotto gleicht), berichte ich ein wenig aus meinem "2ten Leben". Und was wäre passender, als euch die Kuriosität eines Chapas und deren Insassen zu beschreiben?!

Neben wirklich viel zu vielen Menschen, nimmt solch ein Chapa nämlich noch weit mehr in sein Inneres auf. Da wäre zum Beispiel die junge Frau links hinter mir, die neben ihrem mit Capulana festgebundenem Baby nicht nur Portemonnaie und Rucksack in Hand und Arm hält, sonder halb auf dem Schoß, halb zwischen den Beinen auch noch eine Gasflasche transportiert. Natürlich alles eingequetscht auf engstem Raum! Denn wer mehr als einen Sitz belagert, zahlt mehr. So einfach ist das. Und natürlich gilt es, das um jeden Preis zu vermeiden! Was wohl auch den Berg aus Farbeimern in der letzten Reihe erklärt, der von der dazugehörigen Person, ob Mann oder Frau - keine Ahnung - nur noch zwei Hände erkennen lässt. Da geht es dem Jungen vor mir doch besser. Er sitzt neben einer älteren Dame, die immer wieder einnickt und zusammengekauert und schlank wie sie ist, recht wenig Platz einnimmt. Er hat sogar so viel Armfreiheit, seine Englischübungsblätter durchzuschauen: „Satzbau und Präpositionen“ - hab ich auch wieder was gelernt! :D
Auch sonst durfte ich während der täglichen Fahrten schon Einiges erleben: Neben natürlich noch lebenden Hühnern (die sollen schließlich ganz frisch auf den Tisch :D), über riesige Postpakete, bis hin zu Fahrradreifen und Werkzeugkoffer, warte ich nur darauf, dass demnächst jemand einen dieser hässlichen Plastikweihnachtbäume unter das viel zu niedrige Chapadach zwängt. Die gibt es seit ca. zwei Wochen nämlich teils sogar auf dem Mittelstreifen der Hauptverkehrsstraße zu kaufen, inklusive Blinkketten und Kunstschnee(!) versteht sich.
Längst habe ich mich auch an die Tatsache gewöhnt, das einem Kinder und Babys teilweise kommentarlos auf den Schoß gesetzt werden, wenn man denn einen der begehrten Sitzplätze erlangt hat. Als Gegenleistung erlebe ich auf der anderen Seite immer wieder, dass angeboten wird, meine volle Tasche oder den schweren Rucksack entgegenzunehmen und aufzubewahren. Und das ist eine wahre Hilfe, wenn man mal wieder als Letzte ins Chapa gequetscht wurde und nur deshalb nicht umkippt, weil sich eben dazu gar kein Platz mehr bietet. Also ein faires Geben und Nehmen :D
Wobei ich erwähnen sollte: Sitzplatz heißt nicht gleich Sitzplatz! Ähnlich wie im Fußballstadion gibt es unterschiedliche Kategorien und  Klassen. Da wären zum Einen die auf der rechten Seite angebrachten "Zweier"-bänke, die als heilige VIP-Sitze gedealt werden. Erlangt man einen Platz auf der linken Seite ist das noch immer Luxus, es muss jedoch in Kauf genommen werden, bei jeder Paragestation aufzustehen, um Leute aus weiter hinten liegenden Bereichen der Minichapas aussteigen zu lassen. Ansonsten gilt bei stickigen, gefühlten 40°C im Inneren natürlich: Fensterplätze sind (im wahrsten Sinne des Wortes) heiß begehrt! Pech nur, wenn man einen dieser blöden Kleinbusse erwischt, die an den Fenstern auf Schulterhöhe, Haltestangen angebracht haben. Diese sorgen bei den "ach so ebenen“ Straßen Maputos dann für tolle blaue Flecken! Hat man mal wieder die A****karte gezogen und teilt sich die eigentlichen Dreierreihen mit drei mosambikanischen Mamas mit waschechter "afrikanischer" Fülle und Hintern, steigt man sogar ohne die lässtige Stange mit mehreren Prellungen an Rippen, Arm und Hüftknochen aus dem Chapa.
Aber zurück zu den Luxusplätzen am Fenster. Diese sind nicht nur wegen des frischen Fahrtwinds (wenn bei dem Stau den mal gefahren wird) super beliebt, sondern ermöglichen den ganzen Wocheneinkauf auf dem Nachhauseweg zu erledigen. Gerade zum Beispiel gönnt sich die Frau zu meiner Rechten, die definitiv zur oben genannten eher korpulenteren Kategorie der Fahrgäste zählt, einen frisch vom Grill kommenden Maiskolben als Nachmittagssnack. Und bei dem jungen Mann in der hinteren Reihe, der seit einer Stunde mit seiner Handymusik das ganze Chapa beschallt, geht es ebenfalls heiß her. Es wird um Salat und Tomaten gefeilscht, was das Zeug hält. Gleich kommen wir an dem Stand mit den Eiern vorbei..ich hoffe die werden nicht auch noch für sein Abendessen gebraucht. Denn wo landet all das, was man hier sooo "praktisch" beim Vorbeirollen erlangen kann? Richtig! Im Inneren des Gefährts als weiteres Transportgut! Bei Kohl, Kartoffeln und Co. - bis auf weniger Platz - ja nicht weiter schlimm. Mit einem Berg aus rohen Eiern hinter einem wird hingegen schon mal eher ein Gebet Richtung Himmel geschickt, dass dieser die Balance auch hoffentlich während der nächsten Schlaglöcher hält.
So ich bin dann nun nach 1 ½ Stunden endlich 'zu Hause' angekommen und das Schreiben hat mich fast vergessen lassen, dass mittlerweile nicht nur mein Rücken schweißnass, sondern auch mein Bein eingeschlafen ist. Aber hey - das alles ist eigentlich schon ganz normaler Alltag.
Damit euch noch einen schönen Abend, ich steig aus und mach für das nächste Transportgut platz.

Eure Anna                                                                         Maputo, den 18.12.2014, 16:58

Mittwoch, 17. Dezember 2014

Ferien aus heiterem Himmel!



Hallo ihr Lieben!

Nach viel zu langer Funkstille melde ich mich wieder zurück. Es ist viel passiert und doch schien mir nichts wirklich 'erzählenswert'. Wohl das endgültige Zeichen, dass hier eine Art Alltag eingezogen ist. So langsam habe ich mich an das Fremde gewöhnt. Ich fahre wie selbstverständlich Chapa, feilche um das Obst auf der Straße, ignoriere gekonnt manch lästige psssst-Laute oder Mulungu-Rufe und wundere mich eher, wenn bei strömendem Regen das Licht funktioniert, als zu berichten, dass ich schon wieder im Dunkeln sitze. Und so geht es mir zur Zeit wohl in vielerlei Hinsicht.

Obwohl ich während der letzten Tage feststellen durfte, dass ich doch lieber auf Strom als auf Wasser verzichten möchte/kann. Besagtes blieb nämlich für ganze 4 Tage aus, was unsere Wasserreserven doch an ihre Grenzen brachte! Im Nachhinein auch  eine interessante  Erfahrung. Da wird einem erst einmal bewusst, wie elementar wichtig Wasser ist – und ich spreche nicht von dem Luxus: Wasserhahn aufmachen und es läuft! Kochen, Abspülen, Duschen und Klamotten waschen, das geht auch alles prima mit Wasser aus Eimer, Kanister und Co. Wenn allerdings auch die schließlich nichts mehr bereit halten, wird’s echt happig!
Aber wieder zum Eigentlichen. Denn wie gut, dass mein Papa mir hier und da selbst aus dem fernen Deutschland noch "väterliche Ratschläge" erteilen kann. Er meinte via Skype, es wäre doch noch mal aller höchste Zeit, meinen Blog zu aktualisieren! :D Und Recht hat er ja, es gibt tatsächlich etwas zu berichten.



Am 1sten Dezember hieß es nämlich ganz plötzlich für Inga und mich: Ferien!
Nun mag manch einer von euch denken - ey super, ist doch klasse!. Eigentlich schon, gar nicht so verkehrt der Gedanke...hätten wir davon gewusst. Eher durch Zufall durften wir erfahren, dass die Escolinha ab Dezember bis hinein ins neue Jahr geschlossen wird. Nach Feierabend wurden wir auf dem Weg zur Chapastation von unserem Vorgesetzten zu einem Strandtag eingeladen - für montags. Darauf hin tauschten wir natürlich nur verdutzte Blicke und erwiderten, dass wir - wie er ja wissen sollte - am Montag arbeiten müssten. Auf sein herzhaftes Lachen folgte nur ein "wie hat man euch das noch nicht gesagt? Am Freitag ist der letzte Tag für dieses Jahr."
Nein!! Das hatte weder er, die Köchin, noch unsere tolle Chefin und Mitarbeiterin für nötig gehalten – ärgerlich!
Um in diesem Beitrag jedoch nicht nur meinen Frust über die eher schwierige Zusammenarbeit im Projekt los zu werden, auch noch ein wirklich tolles Ereignis aus meinem Arbeitsalltag: 


Am 28sten November fand ein großes Abschiedsfest für die ältesten Kids statt, da sie nach den Ferien in die Schule gehen werden. Für uns zwei Freiwillige hieß das, um acht Uhr auf der Matte stehen, um alles vorzubereiten. Wir haben unzählige Luftballons aufgeblasen und zu geknotet, Tische gerückt und Stühle für die Eltern aufgestellt. Außerdem durften wir zusammen mit einigen Mamas unsere (bei mir eher nicht vorhandenen) Kochkünste unter Beweis stellen. Hier ist nämlich nix mit Partyservice oder Pizzabote. Von Feschuada und Reis über Pommes und Salat bis hin zu Hühnchen, Fisch und Suppe wurde alles selbst gemacht. Und zwar vom Grundprodukt aus. Was soviel heißt wie: am Anfang waren da z.B. Kartoffeln und sechs bis sieben Hühner, die noch munter über den Hof flatterten. Mit denen wurde dann hinter der Hausecke kurzer Prozess gemacht (soviel zu dem Spruch "um die Ecke bringen"). Und ehe ich mich versah, saß ich zwischen drei afrikanischen Mamas, die einen riesen Spaß hatten, mir beizubringen, wie man richtig Hühnchen rupft - wieder was gelernt! :D Danach hieß es ewig lang Chima rühren und unzählig viel Salat schnibbeln. Nach acht Zwiebeln in Folge brauchte ich dann erst einmal eine "Heulpause".
Kurzes Stärkung vor dem Kochmarathon


Die Ruhe vor dem Sturm




Erst Pommes fritieren..

..dann den Grill für's Hühnchen anschmeißen
Schmeckte leider nur halb so gut, wie sie aussah.. :D
Nach dem überreichen der Diplome

Graduação 2014

Fotosession


Als um 16:00 endlich das eigentliche Fest begann, inklusive Urkunde überreichen, Kuchen anschneiden und einem schrecklichen Keybordspieler (der hat doch glatt bei 33°C und strahlendem Sonnenschein "JingelBells" und "Stille Nacht" gespielt – soviel zu Kulturschock) war ich eigentlich schon ziemlich kaputt. Aber vorbei war der Tag noch lange nicht. Nach dem 'offiziellen Teil' folgte ein stundenlanges Fotoschießen der Kleinen mit und ohne Eltern, verschiedenste Familien- und Feundekonstelationen – das reinste Blitzlichtgewitter. Die Kids machten aber auch einen zu ulkigen Eindruck in ihren schwarzen Umhängen. Mich erinnerte das ganze sehr stark an einen Mischmasch aus amerikanischem Collegeabschluss und Hogwarts. Was mir jedoch so suspekt vorkam, scheint hier durchaus normal zu sein. In den folgenden Tagen begegneten mir immer wieder kleine Harrry Potter-Doubel auf der Straße. Dann wurde endlich das Buffet eröffnet und zum Abschluss auch noch der Kuchen verspeist.
Ja und jetzt habe ich also bis zum neuen Jahr frei. Da unsere von mir so „geliebte“ Chefin uns aber wie oben erwähnt erst vier Tage zuvorher mitgeteilt hatte, dass die Escolinha im Dezember geschlossen ist, hab ich natürlich keine Zeit zur Planung größerer Reisen gehabt.
Langweilig wird mir bisher dennoch nicht. Dienstags gehe ich einfach wieder für einen ganzen Arbeitstag in mein altes Projekt, dort gibt es immer genug zu tun. Zur Zeit sind außerdem fünf Enkelkinder von 4-9 Jahren zu Besuch. Sprich auch 'zu Hause' Aktion pur, meine Gastmama ist froh, wenn ich ihr ein Bisschen zur Hand gehen kann oder die Kids einfach nur ne Zeit lang mit Fußballspielen beschäftige.

So das war's dann erst einmal von mir. In den nächsten Tagen versuch ich mal ein wenig meine dieses Jahr ganz spezielle Adventszeit zu beschreiben. Bis dahin esst fleißig Plätzchen für mich mit!
Ihr fehlt mir

Eure Anna